23. November 2024
SCR-20230328-tjpi

Paulus Wohlfart – Matthias Nagel

Landesklasse Süd, Kelsterbach, 2023.03.26D11: QGD Slav, 4.e3

1.d4 d5 2.c4 c6

Sich auf einen Gegner in der Landesklasse vorbereiten zu wollen, entpuppt sich manchmal als sehr schwierig. Von meinem Gegner waren insgesamt 18 ältere Partien in Chessbase zu finden. Allerdings war er erst kürzlich nach längerer Pause wieder zum Schach gekommen und erinnerte sich nicht an seine alte Eröffnungen. Damals spielte er kein Slawisch.

3.Nf3 Nf6 4.e3 g6 5.Nc3 Bg7 6.Be2 O-O 7.O-O dxc4 8.Bxc4 Nbd7

Wir sind in einer Nebenvariante einer Nebenvariante der slawischen Verteidigung. Meine Theoriekenntnisse waren hier zu Ende! Häufiger als der Springerzug wird eigentlich 8…Lg4 gespielt

8…Bg4 9.h3 Bxf3 10.Qxf3 Nbd7 11.Rd1 e5 12.d5 e4 13.Nxe4 Nxe4 14.Qxe4 Nb6 15.Bb3 cxd5 16.Bxd5 Nxd5 17.Rxd5 Qb6 18.Qd3 Rfd8 19.e4 

Weiß hat einen Mehrbauern, Schwarz drückt dafür ganz gut.

9.e4 b5 10.Bd3 e5

diese Antwort hatte ich ursprünglich nicht erwartet, sie scheint aber noch theoriebekannt zu sein. Hier überlegte ich länger und entschied mich dann für die ungünstigere von zwei Möglichkeiten.

11.d5?!N

11.dxe5 Ng4 12.e6 fxe6 13.h3

Ich hatte hier nur an diesem Zug überlegt 13.Ng5

13…Nge5 14.Nxe5 Nxe5 15.Be2 Qe7 16.f4 Nc4 17.e5 soweit ist diese Variante bei meinem Lieblingsautor Awruch angegeben mit der Einschätzung, dass Weiß deutlich besser steht. 17…Bb7 18.Ne4 c5 19.Qc2 Qd7 20.Rd1 Qc6 21.Bf3 Qc7 22.b3 Nb6 23.Bg4 Bd5 24.Qxc5 Qxc5+ 25.Nxc5 Rfe8 26.h4 h5 27.Be2 Bf8 28.Be3 Bc6 29.Rac1 Nd5 30.Bd2 Rac8 31.Rc2 b4 32.Ne4 Bb7 33.Rdc1 Be7 34.Rxc8 Rxc8 35.Rxc8+ Bxc8 36.g3 Bb7 37.Bd3 Kg7 38.Kf2 Bc6 39.Ke2 a5 40.Be1 1-0 (60) Minasian,A (2425)-Scerbin,D (2335) Decin 1996

11…cxd5

11…Nc5!? 12.Bc2 cxd5 13.exd5 Bb7-/+

12.Nxd5 Nxd5 13.exd5 Nb6 14.Bxb5 Bg4 15.h3

15.Bc6!? ich bin im nachhinein etwas sprachlos, dass ich diesen doch recht einfachen Zug während der Partie so gar nicht ins Kalkül gezogen hatte. 15…Rc8

15…e4 16.h3

16.Bg5 f6 17.Be3 e4 18.h3 Bxf3 19.gxf3 f5!?

15…Bd7!?

15…Bxf3 16.Qxf3 Qxd5 17.Qxd5 Nxd5 18.Rd1 Nb4 19.Bg5 f6 20.Bd2 der schwarze Springer findet keinen festen Halt im Zentrum, es fehlt ihm der stützende Bauer. Diese und andere Stellung hätte ich gerne mit Weiß sowie der Bauernmehrheit am Damenflügel plus dem Läuferpaar gespielt!

16.Be2?!

16.Bc6⌓ Bxc6 17.dxc6 Qc7 18.Re1 Rfe8 19.Be3 Qxc6 20.Qb3 die Stellung steht ausgeglichen, mehr nicht.

16…Ba4 17.Qd3

17.b3 e4 18.Bg5!? Qxd5 19.bxa4 exf3 20.Qxd5 Nxd5 21.Bxf3 Bxa1 22.Rxa1!?∞

17…Qxd5 18.Qxd5 Nxd5 19.Bd2? Rab8?

19…e4! 20.Ng5 Bxb2 21.Rab1 Bc3 nicht gesehen!

20.Bc4 e4

und schon wieder etwas außerhalb der Erwartung gespielt

20…Nb6 21.Bb3!? Bxb3 22.axb3 Rb7 23.Ra5 e4 24.Ne5⇄

21.Bxd5 exf3 22.Bc3!?

22.Bxf3⌓ Bxb2 23.Rab1 Bc2 24.Rbe1 Bd3 25.Be2 mit Ausgleich und wahrscheinlich schnellem Remisende. Zu diesem Zeitpunkt stand es bereits 1:3 und Stefan Weber stand ebenfalls auf Verlust. Es gab nichts mehr zu verlieren. Alles oder nichts!

22…fxg2 23.Bxg2 Bxc3 24.bxc3 Rbc8 25.Rac1 Bb5 26.Rfe1 Rc7 27.Re5 Bc4 28.a4

irgendwie dachte ich hier an so ein Kunin-Galdunts-Manöver. Den eigenen Bauern nach a6 bringen, dann den weißen L nach b7 und durch Umgehung den a7-Bauern gewinnen. Welch schöner Traum!

28…Rfc8 29.a5 Bd3 30.Bd5 Kf8 31.Re3

Mein Gegner hatte ca. 7 Minuten Restbedenkzeit für die nächsten 9 Züge, ich war mit 15 Minuten noch etwas besser aufgestellt.

31…Rxc3?

darauf hatte ich etwas gehofft

32.Rxc3 Rxc3 33.Kh2!?

was nun – so einfach kann sich Schwarz nicht mehr aus der Fesselung befreien.

33…f5

leider geht dieser Zug

34.Kg3 g5 35.f4 h6 36.h4 g4??

ich muss ehrlich gestehen, dass ich diesen schwarzen Zug für die natürliche Erwiderung hielt. Jetzt nach der Partie habe ich genügend Zeit zu erkennen, dass es der entscheidende Fehler war und die Partie in der Folge gewonnen ist für Weiß. Während der Partie ging mir nur durch den Kopf – irgendwie ohne große Veränderung durch die Zeitkontrolle zu kommen und dann in der zweiten Phase nochmals alles versuchen irgendwie einen Gewinntrick zu erfinden.

36…Ra3⌓ 37.hxg5 hxg5 38.fxg5 Kg7 39.Bc6 Rb3 40.Be8!?

37.h5 Kg7

mit etwas mehr Ruhe und Zeit sieht man, wie Weiß hier gewinnen kann.

38.Re7+

wie bereits angedeutet. Ich wollte durch wenig verändernde Züge die Zeitkontrolle erreichen und gab einfach mal ein Schach!

38…Kf6

was soll ich sagen. Hier überlegte ich 5 Minuten! Soll ich wieder mit dem Turm nach e3 zurückgehen? Dann anschließend vielleicht Ld5-g2-f1. Nein, das reicht nicht – Tb3 und Ld3-c4. Aber doch zurück mit dem Turm nach e3 und dann noch irgenwie zwei Züge. Dann kann ich alles in Ruhe bedenken. Dann machte meine Gegner den entscheidenden Fehler. Er stand auf und verließ das Brett. Warum geht er jetzt? Warum würde ich an seiner Stelle aufstehen? Wir haben doch noch keine 40 Züge? Er hat doch noch nur 2 Minuten Bedenkzeit. Wo will er denn hin? Auf einmal dämmerte es mir: Er hat etwas übersehen! Unsicher, wie wir alle an diesem Tag waren, überlegte ich noch 2 Minuten und zog dann…

39.Rf7#

Ich zitiere Eugen Roth’s Gedicht „die Meister“:

„Ein Mensch sitzt da, ein schläfrig trüber Ein andrer döst ihm gegenüber. Sie reden nichts, sie stieren stumm. Mein Gott, denkst Du, sind die zwei dumm! Der eine brummt, wie nebenbei Ganz langsam: Tc6 – c2. Der andre wird allmählich wach Und knurrt: Da3 – g3: Schach! Der erste, weiter nicht erregt, starrt vor sich hin und überlegt. Dann plötzlich, vor Erstaunen platt, seufzt er ein einzig Wörtlein: Matt! Und die Du hieltst für niedre Geister, Erkennst Du jetzt als hohe Meister!“

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