Das war leider nichts. Hart gekämpft, Chancen erarbeitet, aber am Schluss leere Hände – so sieht das traurige Fazit unseres Oberliga-Wochenendes im heimischen Bürgerhaus aus.
Am Samstag gegen die Schachfreunde aus Neuberg rechnen wir uns Chancen aus, die aber in der letzten Stunde des Wettkampfs zerplatzen. Die Welt in Zahlen:
Ja, Tatsache: Vitaly hat verloren. Die erste Niederlage in der Oberliga seit 2012 (!!!). Entsprechend enttäuscht ist er nach der Partie, in der er mit Schwarz in einer sizilianischen Partie unter Druck gerät, sich aber in typischer Manier rausarbeitet und gegen Ende der ersten Zeitkontrolle eine Qualität gegen zwei Bauern gewinnt. Jeder denkt, das wird er jetzt wie üblich machen, aber nach einem Fehler von Vitaly dreht die Partie. Auf einmal hat Weiß total dominante Läufer und die Stellung kann selbst ein Vitaly nicht mehr halten.
Und dabei hat der Tag so gut angefangen. Michael Schäfer stellt mit Weiß seinen Damenbauernspezialaufbau aufs Brett und sein Gegner weiß überhaupt nichts damit anzufangen. Er denkt und denkt und… geht nach gut 20 Zügen und in schlechter Stellung über die Zeit.
Leider kommt der Ausgleich kurz danach. Heikos Gegner blitzt eine offenbar bis ins Detail vorbereitete Theorievariante herunter, so dass dem noch dazu grippegeschwächten Heiko das Hören und Sehen vergeht. Nach rund 15 Zügen hat Weiß (aufgrund des Inkrements von 30 Sekunden pro Zug) mehr Zeit auf der Uhr als zu Beginn der Partie, während Heiko auf der Suche nach verschollenen Eröffnungskenntnissen schon eine Stunde verbraucht hat. Dazu sind auch noch ein oder zwei Bauern von Schwarz vom Feld gegangen und so lässt das bittere Ende nicht mehr lange auf sich warten.
Aber zu diesem Zeitpunkt herrscht noch Optimismus. Michael Wrede und Sergey Galdunts steuern in ausgeglichenen Stellungen auf ein Remis zu, Paulus steht gegen Jens Koller nach der Eröffnung besser, Christian steht riesig und ich habe gegen das 13jährige (!) Nachwuchstalent der Neuberger Alexis Buchinger soeben ein starkes Qualitätsopfer gebracht, nach dem ich das Gefühl habe, es sollte nur noch eine Frage der Zeit sein.
Stattdessen wird es bitter. Ich verpasse zwei relativ einfache Gewinnwege und lande in einem Endspiel mit Mehrbauer, welches schon nicht mehr ganz trivial zu gewinnen ist. So wie ich es versuche geht es jedenfalls nicht.
Stellung nach 41… Sc5+?
Lc5:! Dc5: c4 und die Stellung ist trotz des Mehrbauern remis. Nicht zu fassen…
Noch schlimmer ergeht es Christian neben mir. Zwischendurch denkt man, sein Gegner kann eigentlich kaum noch was ziehen. Aber in Zeitnot beginnt das Gefummel. Christian verliert völlig den Faden und am Ende eine Partie, in der laut PC schon Irgendwas mit +5 hatte. So ärgerlich…
Passend zu alldem lässt sich Paulus nach eigener Aussage übertölpeln, stellt zwei Bauern ein und verpasst dann auch noch eine gute Chance, in der gegnerischen Zeitnot einen Konter zu setzen.
Und so können wir das Kaltgetränk beim Griechen zu später Stunde nur mäßig genießen, zumal am Sonntag die Mannschaft von Wolfhagen auf uns wartet, Tabellenführer ohne Punktverlust, eine Mannschaft gespickt mit Titelträgern, die unserem Reisepartner aus Gernsheim am Samstag im Kampf nebenan mal eben mit 6,5 -1,5 einen auf die Mütze gegeben haben. Keine schönen Aussichten…
Überraschend wird es aber eine enge Kiste.
Ja, verloren, aber teuer verkauft. Zwischendurch durfte man sogar an ein 4:4 glauben, aber am Ende setzt sich dann doch der Favorit durch. Vitaly ist noch angeschlagen vom Samstag und übersieht einen Trick, nachdem er froh ist, dass sein Gegner mit Remis einverstanden ist. Ich komme super aus der Eröffnung, rechne mir dann aber einen Wolf an der richtigen Fortsetzung und verpasse sie natürlich:
Zu diesem Zeitpunkt steht Christian schon schlecht, dafür Heiko richtig gut. Sein Gegner hat sorglos gespielt und muss auf einmal feststellen, dass sein König ins Feuer der weißen Figuren gerät. Das lässt sich ein Taktiker wie Heiko nicht entgehen… Start-Ziel-Sieg. Großes Kino!
Und so ist der Kampf bis weit in die vierte Stunde offen, doch dann kippt es leider zugunsten der Gäste. Michael Schäfers Gegner hat überoptimistisch eine Figur geopfert, was Michael mit genauem Spiel neutralisiert. Am Schluss fehlt nur noch ein Zug und Schwarz dürfte gewinnen, aber genau in diesem Moment übersieht Michael ein Dauerschach ☹ Sergey steht mit dem Rücken an der Wand, mit zwei Bauern und einer Qualität weniger ruhen seine Hoffnungen auf einer wackeligen weißen Königsstellung und tatsächlich, in Zeitnot packt Sergey den Taktikhammer aus, wonach sein Gegner gerade noch dem Matt entgeht, aber dafür muss er das gesamte Material zurückgeben. Am Ende ist es eher Sergey, der noch Gewinnchancen hat, aber es ist einfach zu wenig Material übrig – remis. Paulus opfert gegen den früheren Hessenmeister Uwe Kersten einen Bauern, bekommt aber keine ausreichende Kompensation und wird langsam, aber sicher ausgedrückt. Ähnlich geht es Michael Wrede, der in einer passiven Stellung an Raummangel zugrunde geht, so dass er nach 6 Stunden die Segel streichen muss.
So sieht jetzt die Tabelle aus:
Tabelle nach Runde 6
Man fragt sich ein bisschen, wo wir noch die Punkte bekommen sollen, die wir zum Nichtabstieg benötigen. Wir spielen nach gegen Heusenstamm, Wiesbaden, Hofheim II und Eppstein. Alles keine Laufkundschaft…
Was bleibt? Ein großer Dank an alle, die beim Auf- und Abbau sowie bei der Betreuung der Gäste am Samstag und Sonntag geholfen haben. Ein genauso großer Dank an die Königinnen (und Könige) der Backstuben des Weschnitztals, die große Mengen leckersten Kuchen an den Start gebracht haben – ich habe alles probiert. Wenn das schachliche Ergebnis auch nicht gestimmt hat, die Rahmenbedingungen waren spitze!