21. November 2024

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Echternach in Luxemburg ist eine Schachreise wert!

Echternach in Luxemburg ist eine Schachreise wert!

Vitaly Kunin und ich verbrachten unser Wochenende zum Schachspielen in Luxemburg. Wir nahmen an einem zweitägigen Schnellschachturnier in Echternach teil, dass in der Nähe von Trier knapp hinter der Grenze zwischen Luxemburg und Deutschland liegt. Freitags angereist, spielten wir beide am ersten Tag noch mit sehr guten Ergebnissen, bauten aber beide am zweiten Tag ab und landeten nur geschlagen im Feld. Außer Spesen, nichts gewesen, könnte man meinen, aber da war doch deutlich mehr.

Freitags nachmittags fuhren wir uns mit dem Auto in etwas mehr als zwei Stunden in die Nähe von Echternach, dass an einem mir bis dahin nicht bekannten doch größeren Fluss, die Sauer, liegt. Während Vitaly vom Veranstalter auf Luxemburger Seite untergebracht wurde, hatte ich mir ein Hotel in Minden an der Sauer gesucht. Uns trennte ein Fluss als Grenze, über eine Fußgängerbrücke waren wir jedoch nur 10 min Fussweg voneinander getrennt. 

Vitaly wohnte auf der linken Seite der Sauer in Luxemburg, ich war dagegen auf der deutschen Seite rechts untergebracht. Die Sauer ist an dieser Stelle deutlich bereits deutlich breiter wie unsere vielgeliebte Weschnitz. Sie mündet ca. 40km flussabwärts bei Trier in die Mosel.

Am nächsten Morgen sah ich dann zum ersten Mal Echternach und das dortige Spiellokal. Etwa 350 Spieler spielten in einem ehemaligen Franziskanerkloster an zwei Tagen in neun Runden in einer speziellen Schnellschachzeit. Von der Qualität des Spielorts vermitteln die folgenden beiden Bilder vielleicht einen realen Einblick.

Für mich als Neuling dauerte es eine Weile bis ich mich zurechtgefunden hatte, die schiere Masse an Schachspielern trug ihr Übriges dazu bei, mich weiter von „freudig angespannt“ in Richtung „nervös“ zu bewegen. Die Anspannung wich jedoch schnell, die Veranstalter hatten die Organisation gut in Griff und bis auf den Start der ersten Runde hielten sie ihre Terminzusagen sehr effizient und genau ein. Auch für Speisen und Getränke war sehr gut gesorgt. Ein Lob an das Veranstaltungsteam!

Der Samstag verlief für Vitaly und mich sehr positiv. Vitaly hatte ein Lauf und gewann alle fünf Partien. Nur in einer einzigen Partie gegen Michael Goldblat übersah er eine einzige Möglichkeit zum Gegenspiel, die ihn eigentlich die Partie hätte kosten müssen. Alleine ihm gelang das Kunststück ein Endspiel mit einem Turm gegen eine gegnerische Dame irgendwie noch zu gewinnen. Ich selbst kam mit zwei Siegen sehr gut und kontrolliert ins Turnier und hatte dann in Runde drei gleich einen Hammer als Gegner, Großmeister Matthew Turner. Nach der Partie gestand er mir, dass er mehrere Male in der Partie nervös wurde angesichts meiner Züge, am Ende setzte sich seine taktische Routine aber durch. Ich steckte die absehbare Niederlage mit darauffolgenden 1.5 Punkten aus zwei weiteren Partien gut weg und beendete den ersten Tag sehr zufrieden, aber bereits sichtlich erschöpft. Insgesamt fünf Runden mit ca. 7-8h reiner Spielzeit hatten meine Reserven bereits deutlich angegriffen.

Der Sonntag startete für uns beide noch akzeptabel. Ich gewann dank eines Eröffnungstipps von Vitaly kurz vor der Partie in der sechsten Runde mit Schwarz in einer sehr kontrollierten Partie. Vitaly traf auf den späteren Sieger Petro Golubka aus der Ukraine. Nach seinen Worten stand er mehrmals aktiver und besser. Am Ende kam es durch Zugwiederholung zu einem Remis. Dann kam bei mir der Einbruch. Der franzözische FM Benoit Taddei packte gegen mich eine Eröffnung aus, die ich in 54 Jahren Schach noch nicht auf dem Brett hatte. In einer sehenswerten Partie verlor ich schnell den Faden, der Gegner spielte extrem genau. Nach nur 15 Zügen musste ich die Segel streichen – was für ein Schock! Danach lief bei mir nicht mehr viel. In Runde 8 versuchte ich mit Schwarz und einem schnellen Remis, mich nochmals zu fangen. In Runde 9 gelang es mir aber nicht mehr mit Weiß nochmals zu punkten. Eher im Gegenteil, auf der letzten Rille laufend, übersah ich mehrere Male taktische Möglichkeiten meines deutlichen jüngeren Gegners. Einmal zu viel und die Partie war direkt verloren.

Leider teilte Vitaly mein Schicksal, wobei er deutlich stärkere Gegner hatte und durchaus die Chance sich unter den ersten vier zu platzieren. Doch der Reihe nach: In Runde 7 traf Vitaly mit Schwarz auf eine Schachlegende, Ulf Andersson aus Schweden (siehe das nächste Bild):

Vitaly’s Partie aus Runde 7 gegen Ulf Andersson (rechts)

Die Schachexperten unter Euch wissen vielleicht wer Ulf Andersson ist. In den achtziger Jahren zählte der schwedische Schachgroßmeister zur Weltelite und gewann mehrere bedeutende Turniere. Er gilt als einer der Väter der Igelstellung. Im hohen Alter plagt ihn eine mir nicht näher bekannte Krankheit. Auffällig waren seine Ticks und Eigenarten, die er immer wieder gerade bei Nervosität während der Partien ständig wiederholte. Allerdings scheint Schach für ihn heilsame Therapie zu sein und im Endspiel spielte er mehrmals groß auf in diesem Turnier. In der Stellung auf dem Bild waren beide bereits längere Zeit in einem Turmendspiel unterwegs, dass ich nicht einschätzen konnte. Vitaly hatte einen Freibauer auf g4, sein Turm auf g2 stand diesem aber im Weg und sein König war abgeschnitten. Ulf Andersson hatte einen Freibauern auf f4 und den wahrscheinlich deutlich aktiveren König. Möglicherweise war die Stellung für Vitaly noch zu halten, aber irgendwo verlor er ein Tempo, dass ihm am Ende zum Unentschieden fehlte. Ein herber Rückschlag, zum ersten Mal nach 7 von 9 Runden musste er das Spitzenbrett räumen. Die achte Runde gewann er dann wieder. Allerdings schienen auch bei ihm die Kräfte nachzulassen, und verlor er unerwartet in der letzten Runde gegen Simon Degenhard aus Heilbronn. Ich vermute, ohne dass ich es genau weiß, dass auch bei ihm einfach der Akku leer war. Trotzdem war es für mich eine große Freude ihn mehrmals bei seinen Partien zuzuschauen. Schach ist Vitaly’s Leben und er spielte auch an diesem Wochenende sehr gut und sehr schön. Es ist einfach eine Wonne, in bei der Stellungsbehandlung zuzuschauen. Wahrscheinlich kostet ihn die Doppelbelastung durch Beruf und Schach etwas zu viel Kraft. Aber der Mensch lebt nicht von Luft allein.

Im Großen und Ganzen war dieser Wochenendtrip für mich aber mit sehr wertvolle Erfahrungen und Gelegenheiten verbunden. Allein der Sprachen. Neben Franzözisch und Deutsch sprechen die Luxemburger einen angenehm klingenden eigenen Dialekt. Hier ein Beispiel: „"D'Leit hei zu Lëtzebuerg liewen an engem schéine Land. Si sinn ganz nett a oppe Mënschen a si gëern zesumme mat anere. Iere Sprooch kann ee e bissi verstoen. Ma muss awer ëben." Die Gegend schön, die Menschen sehr nett und offen, soweit zur Umgebung.

Für mich waren die Spielbedingungen hart aber ein sehr gutes Training. Die Bedenkzeit war mit 40min pro Spieler und Partie plus Inkrement von 5 Sekunden für jeden Zug deutlich Richtung lange Partie angelegt. Die ersten 10-25 Minuten Zeit konnte man sehr gut investieren seine Stellung zu finden. Er danach ging es oft in den Schnellschachmodus über. Ins Blitzen kam ich nie, Zeitnotprobleme hatte ich nicht. Oft konnte ich in kritischen Stellungen noch 5-10 Minuten investieren, um einen möglichst guten Zug zu finden. Jede Partie konnte ich ohne Hektik bis zum Schluss mitschreiben, so dass ich auch danach einiges an Trainingsarbeit noch leisten kann. Mir kam auch sehr entgegen, dass ich mein Eröffnungsrepertoire einfach mal ausspielen konnte, ohne dass mir irgendein bis ins letzte Detail vorbereiteter Gegner eine Spezialvariante mit Abweichung im 6. Zug aufs Brett knallen konnte. In mindestens drei der Partien hatte ich die deutlich breiteren Eröffnungskenntnisse und bekam dadurch schnell Vorteil in den Partien. Ich traf ausschließlich auf Gegner, die ich so gar nicht kannte, so dass es mir relativ leicht viel, mich auf die Stellung und nicht den Gegner zu konzentrieren. 5 volle Runden am Samstag waren eine deutliche Belastung. Am Ende mangelte es mir an Konzentration, aber auch das kann ich mit einem positiven Aspekt verbinden, Übung macht den Meister.

Insgesamt kann ich jedem nur empfehlen im nächsten Jahr die nächste Auflage des Echternacher Schachopens mitzuspielen. Auch den Jugendlichen, von dem es im Turnier nur so wimmelte, gegen die ich zum Glück aber nicht spielen musste. Einige haben mir Respekt eingeflößt. Es braucht vielleicht mitreisende Eltern, die sich bei dieser Gelegenheit Echternach, ein wirklich schönes Städtchen anschauen können. Es ist aber auch für jeden älteren Spieler mit einer DZW zwischen 1000 und 2000 ein gutes Turnier. Der Veranstalter lobte viele Preise gerade auch für die unteren Spielklassen aus. Jeder hätte mit Sicherheit nach 2-3 Runden Gegner in seinem Niveau bekommen. Wenn es im nächsten Jahr möglich ist, werde ich versuchen, wieder teilzunehmen. Wer fährt mit?

Hallo,

ich bin nächstes Mal dabei!

CB