„Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß“ – sagt der Fußballer Andy Brehme, aber vielleicht hat er auch Mörlenbacher Schachspieler gemeint. Ok, am Samstag mit einer B-Mannschaft gegen das starke Team von Neuberg konnte man mit nichts rechnen. Aber am Sonntag mit der vollen Kapelle gegen Schöneck wollten wir die nötigen Punkte gegen den Abstieg einfahren. Stattdessen haben wir eine üble Klatsche gefangen und dürfen uns langsam aber sicher ernsthaft Gedanken über einen möglichen Abstieg machen. Unser Schicksal entscheidet sich jetzt am letzten Doppelrundenspieltag im April gegen die Aufstiegskandidaten aus Wiesbaden und die Schachfreunde aus Eppstein, die im sicheren Mittelfeld der Tabelle weilen. Es wird eng…
Die Geschichte vom Samstag ist schnell erzählt. Weil die halbe Mannschaft die Woche über lieber das Open in Bad Wörishofen mitspielt, müssen am Samstag die Kämpen der zweiten Mannschaft ran. Und da Paulus krank im Bett liegt und Sohrab auf den letzten Drücker absagt, stehen wir zudem mit nur sieben Mann da. Einen umso größeren Dank deshalb an dieser Stelle an Olaf, Michael und Erich, die kommen, gute Laune mitbringen und hart kämpfen! Für Erich gibt es sogar ein Erfolgserlebnis, denn er hat mit Weiß gegen das Neuberger Urgestein Harald Skarke die ganze Zeit eine leicht vorteilhafte Stellung und remisiert aus einer Position der Stärke. Dagegen müssen sich Olaf und Michael ihren Gegnern beugen, obwohl die Stellungen zwischendurch gar nicht so schlecht aussehen. Aber gut, rund 500 Elo-Punkte Differenz sind dann doch ein Brett…
Ja, und das irre dieses Kampfes ist, dass es zwischendurch auf einmal so aussieht, als wenn ein 4:4 möglich wäre. Denn vorne läuft es zeitweise verheißungsvoll. Sergey hat an eins mit Schwarz das ungenaue Spiel des jungen Neuberger Spitzenspielers Bethke ausgenutzt und einen Bauern eingeheimst. Ich habe an Brett 2 Stellungsvorteile im Endspiel und mein Gegner Christian Künstler manövriert sich langsam, aber sicher in eine Verluststellung. Und Christian arbeitet an Brett drei gegen Ahmad Siar Wahedi an einem Matt, welches optisch nur eine Frage der Zeit sein kann. Da Michael Wrede gegen Klaus-Jürgen Lutz ein lockeres Remis eingeschoben hat, darf man kurz mal träumen…
Hätte, hätte, Fahrradkette. Sergey übersieht in besserer Stellung in Zeitnot eine heimtückische Abwicklung, nach der er in einem Endspiel landet, welches vielleicht zu halten ist, aber wie schon in der gesamten Saison laufen die knappen Dinger halt gegen uns. Und Christian kann wohl mindestens an einer Stelle gewinnen, aber auch hier kombinieren sich Zeitknappheit und das Gefühl, von einer das Gehirn lähmenden Seuche befallen zu sein, zu einer äußerst unglücklichen Niederlage.
So bleibt es mir vorbehalten, den Ehrentreffer zu erzielen, nachdem mein Gegner freundlich meinen König in seine Stellung eingewunken hat:
Schwarz gehen die Züge aus: 34…Sd8 35.c5 Sf7 36.g4 Sg5 37.c6+ Kd8 38.Lf8 g6 39.Lg7 Ke7 40.Lxf6+ 1-0
Und so heißt es 2:6 am Ende des Tages:
Sonntag gegen Schöneck soll alles besser werden. Die Wörishofener sind wieder da, letztes Jahr haben wir die Schönecker klar dominiert, also was soll schiefgehen?
Knapp gesagt: alles.
Unsere Leistung ist unterirdisch – mal wieder mit Ausnahme von Vitaly, der IM Michael Konopka in einer wilden Partie besiegt, in der er den schwarzen König einmal von ganz rechts nach ganz links jagt, um ihn am Schluss auf b6 zur Strecke zu bringen.
Aber sonst ist es zum Haare ausraufen. Man hat das Gefühl, dass wir alle einen durchgezogen haben und super entspannt zusehen, wie sich der Wettkampf langsam, aber sicher verabschiedet. Sergey macht nach wenigen Zügen remis gegen Moritz Nazarenus, nach dem Erlebnis vom Vortag sicher nachvollziehbar, aber damit ist eines der wenigen Bretter mit ELO-Vorteil schonmal weg. Zu dem Zeitpunkt steht Christian schon am Rande des Abgrunds, weil sein Gegner sich in der Igel-Struktur bestens auskennt und früh am Damenflügel durchbricht, wonach Christian zwei Bauern wegfliegen und er in der Folge eine Ruine verwaltet. Christian kämpft zwar anschließend wie ein Löwe und kommt durch taktische Tricks tatsächlich kurz in Remisweite, aber der letzte Fehler kostet dann die Partie… Und an den anderen Brettern sieht es auch nicht gut aus. Peter Dittmar hat eine passive Stellung, in der an einen Gewinn nicht zu denken ist. Heiko steht etwas aktiver, aber der Gegner tauscht munter Figuren und am Schluss bleiben ungleichfarbige Läufer in einer ziemlich müden Stellung – ebenfalls remis. Und Michael Wrede vertauscht in der Eröffnung zwei Züge, wonach er mit Weiß schon etwas passiv steht, versucht das durch unbegründete Aktivität am Königsflügel zu kompensieren und wird von dem erfahrenen FM Marchio brutal ausgekontert.
So sind wir dann mit -1 hinten und heute soll auch alles Übel dieser Erde zusammenkommen. Ich habe gegen FM Thomas Heinatz zwischendurch etwas Druck, spiele dann fahrig und lande in einer objektiv remislichen Stellung. Auf der Suche nach Entlastung verfalle ich auf eine interessante Idee:
Stellung nach 33. Sc6
Mein Gegner schaute mich verwirrt an, dachte zwei Minuten nach und spielte dann…
Dc6:
0-1
Das sind die Momente, wo man das Schachspielen aufgeben möchte.
So bleibt am Ende nur noch Michael Schäfer, der in einem Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern und Mehrbauer lange am Gewinn bastelt, aber zum Schluss ebenfalls den Punch nicht setzen kann – remis und Ende aus.
Damit sind wir überraschenderweise immer noch nicht auf einem Abstiegsplatz, aber knapp davor: