3. Dezember 2024
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Sonntagnachmittag, 14.00 Uhr. Strahlende Gesichter und pure Erleichterung bei unserer Mannschaft. Soeben hat Paulus Wohlfahrt eine starke Partie gegen den Marburger Joachim Duncker gewonnen, damit den 4,5 – 3,5 Sieg gegen Marburg sichergestellt und uns von einem Abstiegsplatz wegbefördert.

Ein bitter notwendiger Sieg gegen einen ebenbürtigen Konkurrenten, mit dem aber noch wenige Stunden zuvor nur berufsmäßige Optimisten gerechnet hatten. Denn am Samstagabend stellen wir uns nach einem blamablen 4 – 4 gegen Erfurt II ernsthaft die Frage, ob wir noch oberligatauglich sind. Die Frage kann man nach Sonntag vorläufig bejahen. Schaut man sich unser Restprogramm an, dann sind wir aber noch nicht über den Berg: 

Wie man sieht, haben wir noch einige Brocken vor uns. Zwei Siege müssen auf jeden Fall noch her, um auf der sicheren Seite zu sein. Hoffentlich ist der Sieg gegen Marburg die Initialzündung…

Der Kampf gegen Erfurt am Samstag ist dagegen ein Rohrkrepierer. Wir haben an allen Brettern (teilweise riesige) ELO-Vorteile, was allerdings insofern täuscht, als auf Erfurter Seite einige sehr talentierte Jugendliche sitzen. Aber nach etwa zwei Stunden sieht alles nach einem lockeren Sieg aus. Unser Spitzenbrett Vitaly Kunin beginnt gerade, das Erfurter Urgestein IM Brüggemann am Damenflügel auszupressen, nutzt dann eine Unaufmerksamkeit seines Gegners und heimst eine ganze Figur ein – 1-0. Michael Wrede hat massiven Angriff, der auch kurz darauf unter Läuferopfer durchschlägt – 2-0. Und an allen anderen Brettern läuft es geordnet, keiner von uns hat Nachteil. Vielleicht ist das das Problem, man nimmt es zu locker, lässt es ein wenig schleifen… Jedenfalls trudeln bald darauf einige Remis von Paulus, Sergey und Peter Klings ein. Ich schaue noch kurz nach Heiko, der einen kräftigen Angriff aufgebaut hat, und Christian, der irgendwie keine Idee, aber auch keine echten Probleme hat, und wende mich dann dem Versuch zu, meinen 400 ELO-Punkte schwächeren jugendlichen Gegner im ausgeglichenen Endspiel das Ding doch noch abzunehmen. Was nicht funktioniert, der junge Mann verteidigt das präzise und ich bin ideenlos – remis. 

Als ich dann aufschaue, sehe ich fassungslose Gesichter. Christian hat eine schlaue taktische Idee ausgepackt, um unter Figurenopfer mattzusetzen, muss aber am Ende der Abwicklung feststellen, dass das Matt kein Matt ist, weil da noch eine Figur dazwischen zieht, die er irgendwie ausgeblendet hatte – 0-1. Und Heiko? Hat eine glatte Gewinnstellung und lässt sich dann dem Vernehmen nach einzügig mattsetzen. 4-4 gegen den vermeintlich leichtesten Gegner in dieser Saison. 

Abends in der Erfurter Altstadt hellt sich unsere Stimmung unter Zuhilfenahme von Kaltgetränken wieder auf. Paulus erweist sich als gewiefter Fremdenführer, der uns Erfurter Stadtgeschichte näherbringt (wer kennt das Erfurter Blau? –   https://erfurterblau.de/).

Wir beschließen, dass es nur besser werden kann. Christian kann davon abgehalten werden, das Schachspielen aufzugeben. 

Der Sonntag gegen Marburg beginnt mit einem Aufreger. Pünktlich um 9.00 Uhr werden die Uhren angestellt, alle sind da – bis auf den Marburger Horst Alber. Wo ist Horst? Es stellt sich heraus, dass seine Mannschaftskollegen ihn im Hotel vergessen haben. Horst schafft es mit Taxi und guter Beinarbeit, eine Minute vor Ablauf der Karenzzeit im Spiellokal aufzukreuzen. Und natürlich gewinnt er seine Partie gegen Michael Wrede, der eigentlich schon remis sicher hat, um es dann einzügig wegzuwerfen… Danach verliert auch noch Peter Klings, der es schafft, mit einem einzigen Zug die Computerbewertung von + 1,5 auf – 3 fallen zu lassen. Extrem schade nach gut gespielter Eröffnung. 

Aber sonst läuft es mal rund. Zuerst überfährt Heiko im Sveschnikov-Sizilianer seinen Gegner Thomas Henrich, der irgendwo in der Eröffnung was verwechselt, wonach gleich mal zwei Bauern vom Platz fliegen. Als Henrich dann einen Gegenangriff mit Mattdrohung startet, werde ich kurz nervös, nur Heiko nicht, der in aller Seelenruhe weiteres Material wegnimmt und die vermeintliche Mattdrohung ganz entspannt auskontert. Rechnen kann er, der Heiko…

Ja, und was würden wir nur ohne Vitaly machen. Gegen den Marburger Spitzenspieler Philipp Humburg schnappt er sich einen Bauern, lässt dafür weiße Initiative klaglos über sich ergehen und kontert seinen Gegner in aller Ruhe aus. Ausgleich!

Zwischenzeitlich hat Sergey in ausgeglichener Stellung remis gemacht. Christian Böhmer opfert gegen den alten Kämpen Bernd Baum im Morra-Gambit früh eine Figur, weil er das auf lichess im 3-Minuten-Blitz auch immer so macht, aber eine lange Partie ist dann doch was anderes. Baum verteidigt zäh und nach wechselhaftem Spielverlauf ist Christian froh, Dauerschach geben zu können. Ich gewinne gegen Johannes Dorst einen Bauern, muss dafür aber akzeptieren, dass Johannes Druck aufbaut, so dass ich lieber Dauerschach gebe. Wissend, dass nur noch eine Partie läuft – von Paulus, dem Held des Wochenendes, der eine hochkonzentrierte Partie spielt. Er ist die ganze Zeit am Drücker. Am Schluss bleibt ein Endspiel, in dem Paulus zwar eine Qualität weniger, aber dafür zwei verbundene Freibauern hat, die nicht aufzuhalten sind. 1-0 und Mannschaftssieg!

So nehmen wir entspannt Abschied von Erfurt und von Thüringen, denn die Oberliga Ost Hessen-Thüringen ist mit Ablauf dieser Saison Geschichte. Nächstes Jahr gibt es übergangsweise eine ausschließlich hessische Oberliga, bevor dann in der Saison 2025/26 die Verbände Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland eine gemeinsame Oberliga einrichten. Aktuell sind wir wieder guten Mutes, dass wir dazugehören. 

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1 thought on “Gerade noch die Kurve gekriegt – Freibauern holen 3 aus 4 beim Oberliga-Wochenende in Erfurt

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