3. Dezember 2024
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30. Dezember 2023, Frankfurt-Fechenheim, Stadthalle: Nach 4 Tagen findet die Hessische Schacheinzelmeisterschaft ein überraschendes Ende. Im Meisterturnier gewinnt nicht der einzige Großmeister im Feld Hagen Poetsch (Heusenstamm), sondern der erst 14jährige Artem Dyachuk vom HSK Lister Turm (Hannover) ungeschlagen mit 6 aus 7 (!) und einem vollen Punkt Vorsprung vor Poetsch. Auf Platz 3 folgt eine weitere Überraschung: euer Berichterstatter mit 4,5 Punkten vor dem punktgleichen, aber wertungsschlechteren FM Marian Can Nothnagel. Abgeschlagen im Feld eine Reihe ehemaliger Hessenmeister wie Uwe Kersten, Horst Alber und Erik Zude. 

1          FM       Dyachuk, Artem            6 Punkte

2          GM      Poetsch, Hagen            5 

3          FM       Legde, Georg                4,5

4          FM       Nothnagel,Marian Can  4,5       

5          FM       Keller,Peter                  4 

6          WIM     Dolzhykova,Kateryna    4 

7          FM       Haack,Kevin                 3, 5 

8          FM       Ciolek,Andreas             3,5 

9          FM       Weber,Samuel              3, 5

10                    Lesny,Florian                3, 5

11        FM       Humburg,Philipp          3, 5

12        IM        Cernov,Vadim               3,5

13                    Siegert,Gregor              3 

14        FM       Lisanti,Andre                3

15        IM        Zude,Erik,Dr.                3

16        FM       Malek,Daniel                3 

17        FM       Alber,Horst                   2,5

18        IM        Kersten,Uwe                 2,5 

19                    Latzke,Boris                  2 

20                    Burkart,Lloyd Shang      2 

Der Sieg des 14jährigen ist weniger überraschend als es auf den ersten Blick scheint, denn der junge Mann ist bereits FM und spielt für Hannover in der Bundesliga, hat also eine steile Karriere vor sich. Das muss auch ich schmerzhaft spüren, als ich in der 2. Runde furchtbar verdroschen werde – nach 11 Zügen kann ich eigentlich aufgeben und schleppe mich noch bis Zug 25, um es nicht zu peinlich aussehen zu lassen. 

Stellung nach 10…h6?? 11. Se6: aua…

Die Stellung ist allerdings tatsächlich schon schwierig für Schwarz, weil der Lg6 akut in Lebensgefahr ist. Der PC empfiehlt als bestes 10…c5. Da muss man erstmal drauf kommen… 

Aber es ergeht nicht nur mir so. Mehrfach müssen gestandene Spieler sich nach der Partie fragen, welche Dampfwalze da gerade über sie gerollt ist. Und auch Hagen Poetsch gelingt es nicht, den Widerstand des 14jährigen zu brechen. Also ein mehr als verdienter Turniersieg mit einer ELO-Performance von 2630. Wow! 

Ich hatte nach der Niederlage gegen Dyachuk schon arge Befürchtungen über den weiteren Verlauf des Turniers, aber dann läuft es. Siege gegen IM Uwe Kersten, Florian Lesny (Bad Homburg) und FM Kevin Haack (Hofheim), Remis gegen FM Peter Keller (Bickenbach) und FM Samuel Weber (Oberursel).  Und so spiele ich in der Schlussrunde gegen Hagen Poetsch und weiß, dass ich mit einem Remis in den Preisrängen bin. Aber mit Weiß ist Poetsch eine Macht… Doch die Partie läuft optimal für mich. Es kommt eine Variante aus dem Paulsen-Sizilianer aufs Brett, die wir im Sonner auf einem Trainingswochenende analysiert haben. In einer komplizierten Stellung macht Poetsch einen schwächeren Zug und steht danach in einem Endspiel sogar etwas schlechter. Zeit für ein klug positioniertes Remisangebot, welches ein sichtlich entnervter GM sofort annimmt. Damit habe ich 4,5 Punkte und da mein einziger „Mitbewerber“ um Platz 3, FM Peter Keller, seine Partie überraschend verliert, bin ich tatsächlich auf dem Treppchen!

Ein paar Worte noch zum Turnier. Dafür, dass es meines Wissens praktisch keine Werbung gab und der Termin zwischen den Jahren – sagen wir mal: gewöhnungsbedürftig ist, war es mit rund 150 Meldungen überraschend gut besucht. Erfreulich viele junge Gesichter! Leider außer mir kein Mörlenbacher. Auch ansonsten – wenig überraschend – vorwiegend Gesichter aus dem Großraum Rhein-Main. In einem Flächenland wie Hessen ist es meines Erachtens aber auch die beste Lösung, in die Mitte zu gehen. Die Spielbedingungen in der in die Jahre gekommenen Stadthalle ausbaufähig, am ersten Abend tanzte im Saal über uns eine Fete rumtata. Aber die Spielbedingungen sind – jeder, der mal ein Turnier organisiert hat, weiß das – natürlich massiv eine Frage der Kosten, und die sind im Rhein-Main-Gebiet üppig. Ansonsten eine im Rahmen des Möglichen gute Organisation, der man anmerkt, dass im Hessischen Schachverband viel Arbeit mit zu wenig Personen gestemmt werden muss. Darum ein Dankeschön an dieser Stelle an oft gescholtene Funktionäre, ohne die wir alle sehen könnten, wo wir bleiben. 

Georg Legde

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2 thoughts on “Hessenmeisterschaft 2023 zwischen den Jahren – Einsamer Freibauer schafft eine Überraschung!

  1. Hallo Georg, ich hatte in der Tat überlegt mitzuspielen, dann aber zurückgezogen, weil ich mit meine DWZ keine Chance sah, bei den Großen mitkickern zu dürfen. Ich bin sehr froh, dass Du die Fahnen hochgehalten hast und vor allem wieder etwas Selbstvertrauen tanken konntest. Herzlichen Glückwunsch zum dritten Platz. Paulus

  2. Hallo Georg, ich hatte in der Tat überlegt mitzuspielen, dann aber zurückgezogen, weil ich mit meine DWZ keine Chance sah, bei den Großen mitkickern zu dürfen. Ich bin sehr froh, dass Du die Fahnen hochgehalten hast und vor allem wieder etwas Selbstvertrauen tanken konntest. Herzlichen Glückwunsch zum dritten Platz. Paulus

  3. Auch von mir herzlichen Glückwunsch zu diesem 3. Platz. Starke Leistung! Und Du hast Recht, der Termin zwischen den Jahren ist wirklch fragwürdig. Von daher eine Turnierteilnahme meinerseits absolut ausgeschlossen

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